Von der Eisernen Jungfrau zur MPD-Tankanlage.

Sie wird zwar extrem häufig genutzt, doch die meisten Menschen schenken ihr nur wenig Beachtung. Und das, obwohl sie tagein tagaus zuverlässig ihren Dienst verrichtet und uns großzügig den Stoff für unsere mobile Freiheit spendet. Die Rede ist von der guten alten Zapfsäule, die inmitten des tosenden Verkehrs auf Autobahnen, Ausfallstraßen und in Innenstädten ein rechtes Schattendasein führt. Dabei spielt sie an jeder Tankstelle die Hauptrolle und gehört zur absoluten Grundausstattung; denn ohne sie kann man das Tanken vergessen. Doch das hilft ihr nicht, mehr Aufmerksamkeit zu erlangen, dazu ist sie wahrscheinlich nicht sexy genug. Mittelfristig ist sie sogar vom Aussterben bedroht, wenn man die Diskussionen über alternative Energien und emissionsarme Treibstoffe berücksichtigt. Dann wird sie irgendwann von den Stromtanken ersetzt werden, die inzwischen immer häufiger das Straßenbild prägen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg und so wird sie uns noch eine ganze Weile mit ihrer unaufdringlichen Zuverlässigkeit erfreuen.

Historische amerikanische Zapfsäule. In der Tat ist die Zapfsäule insofern ein echtes Phänomen, als dass sie sich in ihrem Grundkonzept seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts nicht wesentlich verändert hat. Sicher, eine einfache Zapfsäule aus der Gründerzeit, damals noch „Eiserne Jungfrau“ genannt, sieht schon ein wenig anders aus als die heutigen sogenannten MPDs (Abkürzung für Multiple Product Dispenser), aber an der Funktionsweise hat sich bis heute nicht viel geändert. Damals stand sie allerdings noch prominent am Straßenrand vor Kaufhäusern oder Kneipen und das Benzin musste mühsam von Hand gezapft werden. Und auch der Glaszylinder zum Ablesen der gezapften Benzinmenge von außen musste erst noch entwickelt werden, was in den 30er Jahren geschah. Später kam dann noch ein richtiges Zählwerk mit Preisanzeige dazu und seit Ende der 70er Jahre wurden die ersten elektronischen Preisrechner genutzt. Das war sozusagen das vorweggenommene erste Zapfsäulensterben, denn nun wurde das sympathische und beruhigende Rattern der Mechanik durch ein diffuses Gurgeln ersetzt, das man noch heute an der Tankstelle vernimmt, wenn man genau hinhört. Ein weiterer Schritt war die Einführung der MPDs, jetzt konnte man an einer Zapfsäule alle möglichen Kraftstoffe parallel tanken, was vorher nicht möglich war.

Alte, amerikanische Zapfsäule aus den 1960er JahrenDazu gibt es die Hochleistungssäulen speziell für LKWs, die eine mehr als dreimal so hohe Durchlaufgeschwindigkeit bieten, damit der Trucker nicht allzu lange warten muss, bis der Tank endlich voll ist. Doch das war’s auch schon mit den Neuentwicklungen, ansonsten  hat sich bei der Zapfsäule nichts Wesentliches geändert. Es gab keine Revolution, vielmehr steht sie seit nunmehr fast 100 Jahren als eine verlässliche Säule der Kontinuität im Strudel der rasanten technischen Entwicklungen und liefert unseren fahrbaren Untersätzen Kraft und Nahrung. Sie sieht auch ihren ursprünglichen Vorgängern immer noch erstaunlich ähnlich, auch wenn sie im Laufe der Jahre ein wenig eckiger geworden ist. Vielleicht denkt ja der ein oder andere beim nächsten Tanken daran, welch unaufdringliches Meisterwerk seinen Tank befüllt und wird mit etwas mehr Respekt auf diesen langjährigen Begleiter unserer Mobilität schauen. Die Zapfsäule hat ihn sicherlich verdient.