Diskussion um die Ruhezeitenregelung für LKW-Fahrer.
Der Gesetzgeber hat wieder zugeschlagen: Seit Mai 2017 dürfen Trucker ihre 45-stündige wöchentliche Ruhezeit nicht mehr in der Fahrerkabine oder einem Ort ohne geeignete Schlafmöglichkeit verbringen. Mit dem neuen Fahrpersonalgesetz will man so die Fahrer schützen und ihnen eine Ruhezeit ermöglichen, die diesen Namen auch verdient – ohne Brummi, im eigenen Bett oder im Hotel, einfach entspannen und die Seele baumeln lassen. Schlafen im Fahrzeug selbst ist jetzt nur noch während der verkürzten Ruhezeit von 24 Stunden innerhalb der Woche erlaubt. Ansonsten drohen Fahrern und Spediteuren empfindliche Geldstrafen.
So weit, so gut. Der Gedanke, den Fahrern einen ordentlichen Feierabend zu verschaffen, ist an sich durchaus löblich. Allerdings ist das Gesetz eher schwammig formuliert und lässt damit eine Menge Fragen offen. Ohnehin ist die gesamte Ruhezeitenregelung selbst für Experten kaum zu verstehen, bei täglichen Ruhezeiten von 2×11 Std. und 3×9 Std. sowie wöchentlichen von 24 Std. und 45 Std. fällt der Durchblick schwer. Und jetzt wurde noch eins draufgesetzt. Klar, dass sofort nach Bekanntwerden der Regelung eine intensive Diskussion eingesetzt hat, die auch heute noch nicht beendet ist. Die Spediteure sind schwer genervt, die Trucker gespalten und die Polizei sowie das Bundesgüteramt, die das Ganze ja kontrollieren sollen, schlichtweg überfordert.
Bei der Kontrolle fangen die Probleme schon an. Denn es gibt viel zu wenig Beamte, um die Einhaltung des Gesetzes flächendeckend zu überprüfen. Wenn aber die Gefahr des Kontrolliert werdens gegen Null geht, dann sind die Ehrlichen die Dummen. Außerdem ist immer noch unklar, wie die Einhaltung der Wochenruhezeit faktisch überprüft werden soll. Darf man einen Fahrer, der in der Kabine schläft, überhaupt wecken? Es könnte ja sein, dass er nur seine verkürzte Ruhezeit abhält und dann wird seine Fahrtüchtigkeit durch die Störung beeinträchtigt. Darüber hinaus ist es schwer, eindeutig festzustellen, ob ein Fahrer sich gerade in einer wöchentlichen oder nur in der verkürzten Ruhezeit befindet. Die Tachokarte gibt zwar Rückschluss über die eingelegten Ruhezeiten, jedoch kann der Fahrer im Fall einer Kontrolle die Ruhezeit vor Erreichen der 45 Stunden unterbrechen und der Regelung somit entgehen.
Aber auch bei der praktischen Umsetzung des Gesetzes hapert es an vielen Stellen. Zuerst mal steigen die Kosten, weil die Fahrer im Hotel übernachten müssen, wenn sie nicht gerade ihre Ruhezeit zuhause verbringen können. Dann gibt es viel zu wenige Hotels, besonders an den viel befahrenen Strecken, da müssten die Kapazitäten erheblich vergrößert werden. Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass die Fahrer nach dem neuen Gesetz ihre Ladung während der Ruhezeit unbeaufsichtigt lassen müssen, was bei der steigenden Anzahl an Ladungsdiebstählen ein nicht unerhebliches Risiko darstellt. Bewachte und gesicherte Parkplätze sind hierzulande absolute Mangelware und wer will schon riskieren, dass ihm das wertvolle Transportgut abhanden kommt?
Darüber hinaus ist das Gesetz sehr uneindeutig formuliert; es wird nicht näher ausgeführt, wie eine „geeignete Schlafmöglichkeit“ auszusehen hat. So könnte man theoretisch auch im Zelt neben dem Brummi schlafen oder auf einer Decke unter dem Anhänger, ohne dass einem die Polizei ans Zeug flicken kann. Eine weitere Folge des Gesetzes könnte sein, dass die Fahrer lieber ins benachbarte Ausland abwandern, um dort unbehelligt in der Fahrerkabine schlafen zu können. Das wiederum führt zu noch mehr Verkehr.
So sinnvoll der Grundgedanke dieser Regelung gerade in Sinne der Verkehrssicherheit und der gleichen Wettbewerbsvoraussetzungen auch sein mag, eines wird schnell klar: Es hakt an allen Ecken und Enden. Deshalb sollten sich die Verantwortlichen schnell noch mal zusammensetzen und sowohl Klarheit als auch Abhilfe schaffen. Wenn die Formulierungen eindeutiger werden, eine angemessene Infrastruktur aufgebaut und das Problem der Kontrollen gelöst wird, dann ist es denkbar, dass dieses Gesetz wirklich eine Verbesserung für die Trucker bedeutet. Aber bis dahin ist es noch eine lange Reise.