Gehört dem Wasserstoffauto die Zukunft?

Wer die Zukunft erleben will, braucht nicht in ferne Galaxien oder geheime Labors im Silicon Valley zu reisen, sondern einfach nach Wuppertal-Oberbarmen. Denn dort, im Autobahndreieck zwischen A1, A43 und A46, hat vor kurzem die erste Wasserstofftankstelle Nordrhein-Westfalens eröffnet, die zum Modell für ganz Deutschland werden soll.

Die Tankstelle trägt zwar das Logo von Shell, doch der wahre Betreiber ist die H2 Mobility, ein Zusammenschluss namhafter Unternehmen aus der Gas-, Mineralöl- und Automobilindustrie, die sich die Kosten geteilt haben, um die Zukunft des Verbrennungsmotors und damit unserer Mobilität einzuleiten. Mit ambitionierten Plänen: Bis Ende 2018 sollen 100 weitere Wasserstofftankstellen in Deutschland eröffnet werden. So will man das Thema Wasserstoff zügig voranbringen und eine Infrastruktur schaffen, in der Hoffnung, dass die Autoindustrie und besonders die Autofahrer nachziehen.

In der Tat ist der Gedanke eines wasserstoffbetriebenen Autos auf den ersten Blick bestechend. Ein Treibstoff, der praktisch unbegrenzt in unserer Atmosphäre vorhanden ist und der bei der Verbrennung außer reinem Wasser und etwas Wärme keinerlei Emissionen verursacht. Außerdem ist er relativ leicht speicherbar, lässt sich einfach und schnell tanken und der Fahrzeugbesitzer muss sich nicht mit schweren Batterien, langen Ladezeiten oder chronisch kurzen Reichweiten befassen. Das klingt eigentlich zu schön um wahr zu sein. Ist es auch, denn bei näherer Betrachtung ist die Umweltbilanz dann nicht mehr ganz so glänzend. Wasserstoff kann man nicht einfach aus der Luft saugen oder aus dem Boden holen, in seiner Reinform ist er extrem flüchtig und dazu noch hochexplosiv. Daher muss er aufwändig per Elektrolyse aus Wasser gewonnen werden und das kostet Strom. Sehr viel sogar, so dass bereits bei der Umwandlung eine Menge Energie verloren geht. So würden zwar mit Wasserstoffautos die Innenstädte entlastet, aber die Kraftwerke müssten trotzdem laufen und zwar auf Hochtouren. Im Moment beträgt der Ökostromanteil bei der derzeitigen Wasserstoffproduktion gerade mal 50%, so dass die Abgase, die am Auto gespart werden, aus den Schloten der Kraftwerke kommen.

Ein weiterer Nachteil ist das fehlende Angebot an Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb. Zwar sollen bis 2027 17 neue Wasserstoffmodelle auf den Markt kommen, zurzeit sind es gerade mal drei: der Mirai von Toyota, der ix 35 von Hyundai und der Honda Clarity, alle aus Fernost. Die deutsche Autoindustrie hat in dieser Hinsicht praktisch noch gar nichts unternommen, allein Mercedes plant in absehbarer Zeit einen Wasserstoff-Hybrid. Hinzu kommt, dass die Autos sehr teuer sind, z.B. kostet ein wasserstoffbetriebener Bus viermal so viel wie ein normaler Diesel. Auch das Tanken selbst ist kein ausgemachtes Schnäppchen: Man muss auf 100 Kilometer ungefähr so viel wie bei einem durchschnittlichen Benziner rechnen, Steuervorteile gibt es dabei anscheinend nicht. Insofern dauert es wohl noch eine Weile, bis das Wasserstoffauto eine Erfolgsgeschichte wird. Das hält die Betreiber von H2 Mobility allerdings nicht davon ab, euphorisch in die Zukunft zu blicken. Sie glauben fest an den baldigen Durchbruch, selbst wenn mit Aral der größte Anbieter aus dem Projekt ausgestiegen ist.

wasserstoffbetriebener Mirai von Toyota

Toyota Mirai

Die Gegenwart sieht allerdings eher ernüchternd aus. Zwar soll es bis 2019 über 100 Wasserstofftankstellen in Deutschland geben, aber die Zahl der hierzulande angemeldeten Wasserstoffautos liegt aktuell bei knapp über 200, in Worten zweihundert. Da hat man als Fahrer natürlich das Privileg, dass man praktisch eine Tankstelle ganz für sich hat, doch als Geschäftsmodell ist das ausbaufähig. Insofern wird wohl noch eine Menge Diesel durch die Leitungen laufen müssen, bis auch der erste wasserstoffbetriebene Truck auf unseren Straßen rollt.